Es wurde kalt in Deutschland (mehr oder weniger), als sich der Herbstmond nun bereits zum dritten Mal über Hameln erhob. Wie letztes Jahr machten wir uns am Freitagmittag auf in die Rattenfängerstadt an der Weser, um dieses Jahr nebst bekannter Größen der Szene wie Joachim Witt auch auf eher unbekannte Bands zu treffen. An zwei Tagen konnten sich Besucher mit Ticket über 40 Bands an fünf verschiedenen Spielorten genießen. Neben der Rattenfängerhalle und der Sumpfblume, steht ebenso das Papa Hemingway, eine kleine gemütliche Rockerkneipe, und eine kleine Bühne auf einem angedockten Schiff zur Auswahl. Doch auch für Besucher ohne Ticket war es möglich, einige kleine Konzerte auf dem angrenzenden Mystic Halloween Market anzuschauen, denn dieser war für jeden zugänglich.
Da wir dieses Jahr zu zweit für Pixelreisen unterwegs waren, konnten wir fast alle Konzerte aus der Rattenfängerhalle und der Sumpfblume fotografieren, das Hemingway und das Schiff fielen aufgrund der Überschneidungen hierbei leider heraus.
Die Rattenfängerhalle (Charlotte Broska):
Der Freitag begann in der Rattenfängerhalle mit Herzeleid, einer Rammstein-Cover-Band. An sich war der Auftritt gelungen, es wurden die typischen Rammstein Songs gespielt. Einzig die Ausstrahlung der Jungs sollte mal überdacht werden, es gab so wenig Bewegung auf der Bühne, dass sich einige Besucher wohl verabschiedeten, weil es ihnen zu langweilig wurde. Und das bei Rammstein… Auf wenig folgte eine ganze Menge Bewegung! Celtica Pipes Rock lieferten mit rockigem Sound und dazu einem Dudelsack eine tanzbare Mischung, die das Publikum nur zu gerne annahm. Als schließlich die Geigerin der Band mit großen weißen Flügeln ihr Solo spielte, haben sie mich schon längst als neuen Fan gewonnen! Danach tauchte die Rattenfängerhalle das erste Mal auf diesem Festival in die elektronische Szene ab: Faderhead, Sami Mark Yahya, der nicht nur als DJ in zahlreichen Clubs unterwegs, sondern auch auf Festivals wie dem WGT und dem M’era Luna aufgetreten ist. Im Anschluss an Faderhead, begab sich mit Joachim Witt, ein deutches Urgestein auf die Bühne des Autumn Moon Festivals. Der Musiker, der bereits seit 1973 auf den Bühnen zuhause ist und in den 80er Jahren, mit Song aus dem Genre NDW erfolge feierte. Begeisterte das Publikum mit einer zeitreise durch über 40 Jahre Musikgeschichte von und mit Joachim Witt. Im naschluss sollte es nochmal hart und electronisch werden. Mit Front 242 enterte der Headliner des ersten Tages die Bühne der Rattenfängerhalle. Mit tiefen Bässen und schnellen Synthies animierte das EBM und Breakbeat Projekt das Publikum welches in Scharen vor die Bühne erschienen war zum tanzen und klatschen.
Am Samstag starteten Gasmac Gilmore den Tag mit Balkanbeats, Polka-Punks und deftigem Rock. Die Beschreibung, welche so auch im Begleitheft des Festivals zu finden war, traf den Nagel auf den Kopf: Wer auf Balkanbeats steht, da zähle ich mich mal zu, der hat die Jungs von Gasmac Gilmore sehr sehr gerne gehabt! Aber nicht nur schunkelig, sondern auch mal schnell und flippig zu etwas härteren Beats, genau das richtige zum Aufwachen. Mit [X]-RX betraten zwei Männer die Bühne, um dem Publikum richtig einzuheizen. Schnell, hart und laut weckte das Duo nun auch die letzten verschlafenen Besucher und machte ihnen Feuer unterm Hintern, ehe die nächste Band wieder in die ruhigen Gefilde schipperte. Die Letzte Instanz wird leider ihrer eigens entworfenen Genrebeschreibung ‚Brachialromantik‘ nicht mehr ganz gerecht, von brachial war auf Autunm Moon leider nicht viel zu hören. Nicht nur ich finde diese Bandentwicklung schade, aber man darf hoffen, dass das nächste Album wieder etwas in die stärkere Richtung geht. Somit konnten die erhitzen Gemüter von [X]-RX wieder etwas abkühlen…
…um bei Suicide Commando wieder voll abzugehen. Industrial vom Feinsten! Das einzig eingetragene Bandmitglied Johan Van Roy bringt mit seinen zwei Begleitern an den Macbooks in den frühen Abendstunden das Publikum zum Tanzen. Als letzte Band meines Samstagabends wird es wieder ruhig in der Rattenfängerhalle. Zu Peter Heppners melancholischen Songs wurde im Publikum mitgesungen und seicht getanzt. Ich muss leider zugeben, dass ich mit seiner Musik so gar nichts anfangen konnte. Wolfsheim, das Duo von Peter Heppner und Markus Reinhardt, hat mich fasziniert, Peter Heppner solo ist eher eine Mischung aus Xavier Naidoo und Chris de Burgh.
Die Sumpfblume (Björn Klemme):
Während Charlotte sich in der Rattenfängerhalle vergnügte, hatte ich die Sumpfblume als Location vor der Brust. Und auch hier gab es einige Acts zu erleben, auf die ich mich sehr gefreut habe. Die offizielle Eröffnung des Festivals am Freitag machte Inkubus Sukkubus um 15 Uhr. Die aus Großbritannien stammende Pagan-Rock Band um Stimme Candia Ridley, war eine der Bands, welche ich bislang noch nie live erleben durfte, und worauf ich mich sehr gefreut habe. Und ich wurde nicht enttäuscht, vor eine zwar nur mäßig gefüllten Halle spielte die Band ein tolles Eröffnungsset und hätten wahrlich noch mehr Gäste verdient, aber so ist das nunmal. Irgendwer muss beginnen, und Freitags um 15 Uhr sind viele Festivalbesucher noch am Arbeiten. Dennoch machte Inkubus Sukkubus eine tolle Show und gab den Startschuss für ein wundervolles Autumn Moon Festival 2017. Nachdem die erste Band des Tages auf Großbritannien stammte, ging es nun in den Süden Europas, nach Italien. Klimt 1918, ebenfalls eine Band welche mir bislang unbekannt war, spielte als zweiter Act in der Sumpfblume. Die Alternative Rock Band, machte mir richtig Spass. Mit ihrem gefühlvollen teils melancholischen Stücken, und eingängigen Melodien und einer düsterschönen Lightshow mit viel Nebel baute die Band in der Sumpfblume eine knisternde und wundervolle Atmosphäre auf. Nach dem von Klimt 1918 hatte ich noch die Möglichkeit ein Videointerview mit Stoneman zu führen. (Link zum Interview)
Nach dem Interview hieß es schnell schnell, auf zu Beyond Obsession. Die Synthpop Combo habe ich bereits im Jahre 2016 als Support für Solar Fake in Hannover erleben dürfen, und kann behaupten, das die Band damals schon Klasse war, aber musikalisch sich in der zwischenzeit noch besser geworden ist. Freunde des gemäßigten Electro Genres kamen bestens auf Ihre Kosten. Stimme Nils Upahl kündigte kurz vor dem Konzert noch an: „Hey Freunde, seid ihr bereit? Das wird heute kein Zuckerschlecken“. Das war aus meiner Sicht zwar etwas übertrieben, aber Spass gemacht hat die Band allemal. Und da waren sich alle Besucher des Konzertes einig.
Als nächstes ging es in die Schweiz. Mit harten und düsteren NDH ließen es Stoneman in der Halle gewaltig krachen. Zum ersten Mal wurde es in der Sumpfblume richtig voll und zum ersten Mal beherrschten harte Melodien und Double Bass Drums die Location. Mit Songs wie Goldmarie und Kofferlied heizten die 4 Schweizer der Menge gehörig ein. Und auch die Band hatte sichtlich Spass an dem Auftritt und hätten vermutlich noch gerne ein paar weitere Songs gespielt, allerdings hat man auf einem Festival halt leider nur eine bestimmte Spielzeit, welche man einhalten muss, und so räumte Stoneman die Bühne um 20:30 Uhr. Als Headliner des ersten Tages in der Sumpfblume war Black Magic Fools engagiert worden.
Die schwedische Mittelalter Metal Band wollte die Halle zum Abschluss des ersten Tages nochmal richtig zum Beben bringen. Die Besucher, von denen nicht wenige schon etwas müde wirkten, ließen sich jedoch nicht mehr so richtig aus der Reserve locken. Die Halle war zwar gut gefüllt, aber so richtig Stimmung kam leider nicht auf. Schade, dennoch war auch der Auftritt der schwedischen Musiker durchaus gelungen. Nach diesem Ereignisreichen Tag zog es mich dann nach Hause und ins Bett, um für den 2. Tag des Festivals wieder fit zu sein. Dieser Tag war für mich ebenfalls vollgestopft mit Bands, auf die ich mich sehr gefreut habe.
Los ging es mit der schweizer Melodic und Powermetal Band Elferya. Ich bin bei dieser Band noch etwas unschlüssig, in welche Richtung es für diese Band gehen wird. Musikalisch ist die Band richtig gut, allerdings fehlt mir noch der Feinschliff in der Stimme. Das empfand wohl auch der Großteil des Publikums so, welche sich durch die Band nicht so richtig mitreissen liessen und nur verhalten Applaus spendeten. Reliquiae hingegen lieferten einen von vorn bis hinten stimmigen u nd sehr guten Auftritt ab. Mit einem Rockprogramm begeisterten Sie die Menge sehr. Ihr Set welches sehr hart war und nicht mehr primär mittelalterlich war, präsentierte die Band, für mich zum ersten Mal, auch ihre neuen Bühnenoutfits, welche nun dunkler sind, als in der Vergangenheit. Der Sänger Bastus, welcher seit dem Jahr 2010 die Stimme der Band ist, brachte die Songs mit viel Energie und Freude zu Gehör und die Gäste in der Halle tanzten, klatschten und feierten mit der Band.
Als nächstes folgte für mich der Auftritt des Wochenendes. NDH vom feinsten made in Koblenz von Heldmaschine. Die Band ist gerade zusammen mit Maerzfeld auf Tournee und unterbrach diese extra für das Autumn Moon Festival, und als besonderes Schmankerl hatte Heldmaschine die Band Maerzfeld, die an diesem Tag einen Offday hatten, im Schlepptau. Heldmaschine brachte die Halle zum ersten Mal während dieses Festivals richtig zum beben. Bis zum Ausgang der Halle standen die Gäste und nicht wenige fragten sich, wieso die Band nicht in der größeren Rattenfängerhalle spielen durften. Auch diese Halle wäre wohl bestens gefüllt gewesen. Was nicht ist, ist aber nicht und so spielte Heldmaschine die Sumpfblume in Schutt und Asche. Ausnahmslos jeder Gast liess sich von der Band mitreissen und sang, und tanzte mit der Band mit. Und dann ließ sich Sänger René Anlauff noch von den Gästen durch die ganze Halle tragen. Ein krönender Abschluss eines gigantischen Konzerts mit einer Bombenstimmung, die wohl nur schwer an Energie und Action zu übertreffen ist.
Weiter ging es für mich mit den Merciful Nuns, eine Band welche gemeinhin als nur sehr schwer fotografierbar gilt. Bekanntlich setzt die Band sehr viel Nebel und Backlights ein, hinzu kommen Strobos, und mitunter nur eine sperrliche Beleuchtung. Nicht gerade das was sich ein Fotograf wünscht. Musikalisch jedoch war die Band wirklich gut und überzeugte das Publikum, von denen nicht wenige genau wegen dieser Band Ihr Ticket für das Festival gekauft hatten, sehr. Die Stimmung in der Sumpfblume, hätte nicht besser sein können, und nach den harten und rockigen Klängen sollte es nun ein wenig ruhiger und gediegener zugehen.
Das sympathische und charismatische deutsch-canadische Elektropop und Future Pop Projekt Psyche um Sänger Darrin Huss, machte richtig Spass. Immer wieder lies sich Darrin zu einer seiner sehr auffälligen und ausdrucksstarken Tanzeinlagen hinreissen die einfach einmalig sind. Das Projekt, machte einige Späße auf der Bühne und bot dem Gast eine tolle Show und einfach tolle Musik. Selbstverständlich war due Atmosphäre eine ganz andere als noch bei Heldmaschine und den Merciful Nuns aber auch Psyche verstanden es ihr Publikum zu begeistern und mitzureißen.
Nach Psyche, folgte, der für mich, größte Fehltritt des Festivals. Nicht musikalisch, ganz bestimmt nicht, denn die Band machte ein klasse Konzert. Nein, ich verstehe nicht, wie man die beiden Bands Peter Heppner, und The Beauty of Gemina, quasi zeitgleich auf einem Festival spielen lassen kann. haben diese beiden Bands doch eine sich in weiten Teilen überschneidende Fanbase, waren die Gäste nun gezwungen sich zu entscheiden. Heppner, oder Beauty? Ich denke, das es bei beiden Bands wesentlich voller gewesen wäre, wenn man diese beiden Bands nicht zeitgleich hätte spielen lassen. So spielte The Beauty of Gemina vor einer bestenfalls halb gefüllten Halle. Wirklich Schade, denn das was die Schweizer Band um Michael Sele ablieferte war einfach klasse und hätte ein viel größeres Publikum verdient. Trotz der nur spärlich gefüllten Halle, zeigte sich die Band voller Spielfreude und bot Ihre Songs mit viel Emotionen und Gefühl dar. Damit endete auch mein Autumn Moon Festival 2017 für mich.
Fazit:
Das Wochenende wieder einmal ein grandioses Erlebnis. Wir haben unseren musikalischen Horizont um viele Bands erweitert. Ich kann jedem, der neue Bands kennen lernen möchte, das Autumn Moon nur ans Herz legen. Die Veranstalter haben bewiesen, dass sie die Mischung aus verschiedenen Genres sehr gut beherrschen. Für mich fehlte in diesem Jahr der eine oder andere richtige Knaller Act, hat das Autumn Moon Festival in der Vergangenheit doch auch schon Bands wie Beyond the Black, Welle Erdball, Crematory und Xandria in die Rattenfängerstadt geholt. Wie wäre es denn im kommenden Jahr mit den Apokalyptischen Reitern, Knorkator, Agonoize, Schattenmann oder gar die Pulveraffen? Und lasst auf dem Mittelaltermarkt doch mal das Duivelspack spielen oder Pullarius Furcillo, und wäre es nicht mal eine Idee auch eine Autgrammstunde einzuführen?
Was man dem Veranstalter Panem et Circenses jedoch auch in diesem Jahr wieder uneingeschränkt bescheinigen muss. Ihr habt es geschafft zum dritten Mal ein Festival auf die Beine zu stellen, was in Sachen liebe zum Detail, Freundlichkeit und Atmosphäre einzigartig ist. Jeder Gast fühlt sich Willkommen, die Preise für Speis und Trank sind angemessen und auch in diesem jahr gab es wieder einzigartige und wunderschöne Darbietungen der Bands zu sehen.
Und eines steht bereits fest. Auch im Jahr 2018 wird es wieder ein Autumn Moon Festival geben. Wir freuen uns bereits jetzt darauf und sind gespannt mit welchen musikalischen Hochgenüssen wir 2018 in der Rattenfängerstadt Hameln zum 4. Autumn Moon Festival verwöhnt werden.
Ein kleines Dankeschön am Rande:
Persönlich war für mich das Autumn Moon wieder eines meiner jährlichen Highlights. Man sieht jedes Jahr aufs neue viele liebe Menschen, und hat endlich auch mal ein wenig Zeit für das eine oder andere Gespräch ( Nadine und Jan E. und Bettina G.)
Mein großer Dank gilt weiter dem Veranstalter Panem et Circenses, der es uns ermöglicht hat diesem einmalig tollem Festival seit Beginn an bei Seite zu stehen. Cherio Dominik W. und Marco L.
Und last but not least, der stets freundlichen und super Crew rund um die Sumpfblume. Ich habe tatsächlich den Barbecue Burger bekommen, obwohl er gar nicht auf der Karte stehen sollte.
DANKE bis zum nächsten Jahr!