2019 – Live am See in Meschede

Was ist das Beste, was man an einem heissen Sommerwochenende tun kann? Man geht an einen See. Wenn dort an einem lauschigen Schattenplatz grossartige Musik gespielt wird, dann kann es gar nicht besser kommen. So geschehen am Wochenende des 28. und 29. Juni 2019 am Hennesee in Meschede. Für die Künstler begann der Event noch nicht ganz so gechillt wie für das Publikum, da zur Zeit, als die Soundchecks gemacht wurden, die Bühne noch voll in der Sonne stand und eher einem Backofen glich. Zum Beginn der Konzerte wurde es aber sehr angenehm zwischen Büschen, Blumen und Bäumen, mit dem Staudamm im Rücken. Durch das leicht abfallende Gelände war auch jedem Zuschauer der perfekte Blick auf die Bühne sicher, egal, ob tanzend ganz vorne bei der Bühne oder gemütlich mit einem kühlen Bier in der Hand etwas weiter hinten.

Eröffnet wurde der Freitag von Third Party People. Das sympathische Quartett aus Dortmund um Frontmann Andreas Koehn hat sich seit 2014 mit ihrem mitreissendem und tanzbarem Synth Pop viel Bühnenerfahrung erspielt. Los gings gleich mit dem Titeltrack ihres Albums, A Reason To Pay. Manchmal verträumt, immer melodiös und mit Ohrwurmcharakter präsentierten sie Songs wie Give Soul vom ersten Silberling, wie auch viele Stücke des kommenden Albums, so Smokers oder Birds. Dies macht Lust auf das zweite Album, das noch dieses Jahr erscheinen soll. Ein Lied wurde sogar einem Geburtstagskind im Publikum gewidmet! Mit tollen Songs, viel Spielfreude war dieses Konzert der perfekte Auftakt eines durch und durch gelungenen Weekends.

40 Jahre und kein bisschen leise – das gilt für No More aus Kiel! Andy Schwarz und Tina Sanudakura beweisen, dass Post Punk und Electronica wunderbar zusammenpassen. Mit viel Drive und Energie zog das Duo die Zuschauer in seinen Bann. Andy an der Gitarre und am Mikrofon und Tina an Theremin, dem üblichen Keyboard und dem Grünen Kreis, einem Synthesizer ohne Tasten harmonieren, egal bei welchem Song. Istanbul verlegte den Hennesee mal kurz in den Orient und danach spielte Andy ekstatische Gitarrenriffs bis zum unbändigen Spielrausch bei The Great Masturbator. Da hätte ich auch noch länger zuhören können. Doch das nächste Highlight folgte sogleich: Es ist immer wieder ein berührender Moment, wenn No More den Bowie-Klassiker Heroes spielen, da geht mir jedes Mal das Herz auf und ich bekomme eine Gänsehaut. Zu diesem Song begannen die Leute überall vor der Bühne zu tanzen. Ich finde es faszinierend, welche Einheit die beiden Künstler auf der Bühne sind und welche Zufriedenheit sie beim Konzert ausstrahlen. Gelacht wird auch immer viel. Vor allem Tina kommt immer sehr zufrieden und entspannt rüber. Zum 40-Jahre-Jubiläum erscheint die Compilation No More – Love, Noise & Paranoia, die natürlich auch ihren bekanntesten Hit, Suicide Commando enthält. Dieses Album ist auf Vinyl oder CD beim Plattenhändler eures Vertrauens erhältlich.

Als dritte Band des Abends kündigte der Veranstalter Thomas Bigge diejenigen mit der weitesten Anreise an: She Past Away aus der Türkei. Sie bestehen seit 2006 und sind sehr oft mit ihrem Dark Wave und Gothic Rock auf den europäischen Bühnen und in Mexiko unterwegs. Die Einflüsse der 80er Jahre sind unverkennbar. Die Kombination aus Doruk Ozturkcan an Keyboard und elektronischen Drums sowie Volkan Caners sehr tiefen Stimme und den türkischen Lyrics macht She Past Away aus und fasziniert immer wieder von Neuem. Gebannt verfolgten die Zuschauer die düstere Zwei-Mann-Show, bei Songs wie Rituel oder Kasvetli Kutlama. Da bei den beiden auf der Bühne nicht allzu viel Action ist, kann man sich auch wunderbar auf ihre Musik konzentrieren, wie ich finde.

Am Samstag, ging das erste Festival-Wochenende am Hennesee weiter mit UV POP. Schon fast eine Institution am Staudamm, ist John Kevin White aus Doncaster, UK mit seinem Projekt schon mehrfach hier aufgetreten und hat sich bei Thomas für die weitere Einladung herzlich bedankt. Der Indie-, Post Punk- und New Wave-Sound von UV POP half sogar akustisch beim Abkühlen, heisst doch einer ihrer Songs I Feel So Cold. Ein Stück vom kommenden Album wurde mit Black City präsentiert. Nicht fehlen durfte natürlich No Songs Tomorrow, ein Klassiker aus den 80ern. Mal leidend, mal entspannt wirkt er am Mikrofon.

Weitere Wiederholungstäter standen mit The Convent auf der Bühne. Nach dem Auftritt der Combo aus Hamburg und Utrecht mit Mike Dudley von The Sound im letzten Jahr war auch diesen Sommer wieder wunderschön psychedelischer Pop-Rock angesagt. Die Truppe um den charismatischen Sänger Carlo van Putten hat ihre Wurzeln ebenfalls in den 80er Jahren und ist trotz einigen Pausen in den über 30 Jahren keineswegs eingerostet oder verstaubt. Dies bewiesen Tracks wie For A Fistful Of Deutschmarks oder auch Indifference Is Rising. Das Lachen des Frontmanns war so ansteckend, da konnte man einfach nur gut gelaunt sein! The Convent präsentierten auch einen deutschen Titel, Wiedergeburt der Stille, ruhig und berührend. Einer der Songs, der mir am besten gefiel, war das melodiöse und leidenschaftliche Goodbye Bride. Als Zugabe folgte Amsterdam, ein Lied über seine Heimatstadt, wie Carlo anmerkte. Auch wenn mich dieser wunderschöne Track seit dem ersten Anhören an „In The Dutch Mountains“ von den „Nits“ erinnert, ist er doch so einzigartig, um in den Gehörgängen hängen zu bleiben.

Für die letzte Show des Eröffnungs-Weekends in diesem Jahr beim Chillin‘ in in Meschede waren Clan Of Xymox, die Pioniere des Dark Wave, zuständig. Auch sie waren bereits einmal hier zu Gast, nämlich 2016. Dunkel war es inzwischen auch am Hennesee, den Mastermind, Sänger und Gitarrist Ronny Moorings kurzerhand, dem hochsommerlichen Wetter entsprechend, in Heissensee umbenannte. Der Wahl-Leipziger aus den Niederlanden und seine Band begannen gleich energiegeladen mit There’s No Tomorrow. So stand vor der Bühne schon bald niemand mehr still. Aus dem letzten Album Days Of Black durfte das dynamische Loneliness nicht fehlen. Wunderschön düster und hypnotisch war die Show und führte durch die über 30 Jahre Bandgeschichte. Die Laune war auf wie vor der Stage grossartig und Mojca am Bass hatte fast die ganze Zeit ein ansteckendes Lächeln auf dem Gesicht. Ronny sprach zwischen den Tracks immer wieder kurz zum Publikum. Er stellte fest, dass es diverse Leute unter den Gästen hatte, die noch nicht mal geboren waren, als gewisse Songs herauskamen. So zum Beispiel A Day, ein Klassiker aus dem Jahr 1985, der die Zuschauer begeisterte. Die ganze Vorstellung war energiegeladen und bei Emily verliess Keyboarder Sean seinen Platz auf dem Podest im Hintergrund, bewegte sich mit seinem kleinen, blau beleuchteten Keyboard über die ganze Bühne und erleuchtete damit die Leute in der ersten Reihe, sich selbst und Mario an der Gitarre. Der fünfte im Bunde, Daniel, blieb zwar optisch eher im Hintergrund, hatte aber dafür die Monitore im Griff. Nach Going Round verliess die Band die Bühne, um schon bald für die von den Besuchern lautstark geforderten Zugaben wieder zurückzukommen. Nach Back Door, der dritten Zugabe, war das wunderschöne Konzert von Clan Of Xymox leider schon zu Ende, aber es folgte ja noch der gemütliche Teil, mit gutem Essen, einigen Drinks und allseits zufriedenem Zusammensein.

Mein Fazit: Es war ein absolut gelungenes Wochenende mit toller, abwechslungsreicher Musik. Die Location ist ein grossartiger Ort für solche Konzerte. Klein aber fein, genau, wie es mir gefällt. Ein grosses Dankeschön an Thomas Bigge für den netten Empfang, seine kurzen Ankündigungen jeder Band und auch an all die anderen, die den Event zu dem machen, was er ist! Wenn ich mir die Anwesenden angeschaut habe, sah ich überall fröhliche Gesichter und die Stimmung war sehr entspannt, und friedlich. Wer die Möglichkeit hat, zum Live am See in Meschede zu fahren, lasst es euch nicht entgehen!