Ein wunderschön dunkler, elektronischer Dezemberabend

Am Samstag, 15.12.2018 fand in den Katakomben des Dynamo in Zürich zum zweiten Mal das Sounds From The Heart Festival statt. Thomas Hürlimann, der Organisator des Events lud zum Abend seiner Herzensmusik ins Werk 21. Irrlicht, die Zürcher Band um Sängerin Daniela Dietz feierten an diesem Abend ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum. Die von Beginn an zahlreich Anwesenden liessen sich von den treibenden Electropop-Beats mitreissen und tanzten von Anfang an mit. Kein Wunder, beinhaltete doch der erste Song Salomé die Textzeilen „danse avec moi et tu seras heureuse“ und „laisse-toi aller“. Genau das passierte mit dem Publikum, wie mir ein Blick in den Zuschauerraum bestätigte. Irrlicht, bestehend aus Marc Homberger, Renato Kienberger und Markus Nauli an den Synthesizern, von denen letzterer mit Daniela auch ein Duett zum Besten gab, überzeugten mit viel Spielfreude. Mit melodiösen Darkwave-Klängen und Geschichten in Deutsch und Französisch vermochte es die Gruppe, dieser Winternacht die Kälte zu entziehen. Daniela interagierte auch immer wieder mit den Zuschauern, wenn von diesen Zwischenrufe zu vernehmen waren, dies jedesmal mit einem Lachen im Gesicht. Zum Jubiläum wurde für Nacht Über Andoya und Fern Jeder Zeit der ehemalige Gitarrist Pete Skrotzky auf die Bühne geholt. Ich persönlich wurde bisher mit Irrlicht ab Konserve nie wirklich warm, das hat sich aber mit dieser Live-Show geändert. Der Sound ging mir vom ersten Ton an direkt ins Herz und jetzt höre ich ihre Musik mit ganz anderen Ohren, und das nicht nur live! Viel Beifall begleitete die Band nach ihrem Gig von der Stage. Die zweiten an diesem Abend waren Saigon Blue Rain aus Paris. Das Duo, bestehend aus Frontfrau Ophélia und Gitarrist Franck ist seit 2012 auf den Bühnen unterwegs und begann ihren Auftritt mit Only, einem Song von ihrer ersten EP Stupid Bitch Reject. Sie präsentierten auch diverse Tracks aus dem kommenden, dritten Album Pink Obsession, das im Frühling 2019 das Licht der Welt erblicken wird. Unterstützt werden die beiden von Bassist Gilles, der rein optisch auch gut in eine Metal-Combo passen würde, sich musikalisch aber bestens in den Live-Sound von Saigon Blue Rain einfügt. Ethereal Wave kombiniert mit Dream Pop und Darkwave macht ihren Sound mit englischen Texten einzigartig. Ophelia wirkte manchmal während den Songs etwas distanziert, was sie aber mit ihren Ansagen zwischen den Tracks auch gleich widerlegte. Der sphärische Sound, beeinflusst von The Cure oder Clan Of Xymox, lud dazu ein, sich darauf ein- und davon wegtragen zu lassen. Auch ein Coversong fand Einzug in die Setlist, Goodbye Horses, im Original von Q Lazzarus, in der Schwarzen Szene auch bekannt als Cover von Psyche. Die gelungene Show endete mit zwei Zugaben und viel Applaus. Als letzter Live-Act übernahmen No More aus Kiel die Stage. Die Geschichte dieser Band reicht bis ins Jahr 1979 zurück. No More sind Andy Schwarz, Sänger und Gitarrist und Tina Sanudakura, die fast die ganze Show in grünes Licht getaucht war, vom Grünen Kreis, ihrem analogen, tastenlosen Synthesizer. Instrumentell war dies für mich der spannendste Auftritt des Abends, da Tina ebenfalls Theremin spielte. Schon allein diese beiden Instrumente gaben dem Post Punk des Duos eine ganz eigene Note und boten unzählige Möglichkeiten an elektronischem Sound. Mal orientalisch, wie bei Istanbul, mal leichtfüssig mit All Is Well – Senza Macchia bis zum bekanntesten Track Suicide Commando waren viele Spielarten vertreten. Die Fans waren denn auch, trotz später Stunde, immer noch voll dabei und feierten das Duo und seine Musik. Zugaben durften natürlich nicht fehlen. Den Abschluss machte Heroes, ein wunderschönes Cover des David Bowie-Songs, der bei vielen für Gänsehaut und wohl bei einigen auch für leicht feuchte Augen sorgte und für mich noch lange hätte weitergehen dürfen. Entsprechend lang war auch der Beifall am Ende der Show.
Dieser Abend hat bewiesen, dass gute Musik nicht immer Drums braucht, um den Puls der Musik zu schlagen. Nebst drei E-Gitarren und einem E-Bass waren ausschliesslich Synthesizer und Vocals zu hören. Dies brachte eine erfrischende Dynamik und Dichte des Sounds mit sich, der sich von vielen anderen Musikstilen genau deshalb unterschied.
Nach dem Irrlicht-Konzert bedankte sich Thomas bei den gut 160 Gästen fürs Kommen und teilte mit, dass es möglicherweise 2019 eine dritte Auflage des Festivals geben könnte. Diese Ankündigung wurde mit viel Applaus entgegengenommen. Mach weiter so, Thomas, ich würde mich sehr über eine Fortsetzung freuen. Und ich bin überzeugt, nicht die Einzige zu sein! Das Sounds From The Heart Festival ist eine Veranstaltung, die ihren Namen absolut verdient. Überall ist die Leidenschaft und Freude für die dunkel-düsteren Klänge zu spüren. Es passte alles zusammen, vom Einlass-Stempel in Form des Herzens aus dem Logo, bis zu den Fledermäusen, die nicht nur als Deko umherschwirrten, sondern auch als Kekse, eigentlich fast zu schade zum Essen, aber sehr lecker, zur Verfügung standen. Im Namen aller Anwesenden möchte ich mich bei Thomas für die tolle Organisation von Herzen bedanken!